Für Veränderungen in der Drogenpolitik

[Aus dem Wahlprogramm der LINKEN in Bremen zur Bürgerschaftswahl am 13. Mai 2007]

5.2. Für Veränderungen in der Drogenpolitik

Anfang der 90er Jahre schaute man bundesweit auf Bremen - hier gab es die ersten Spritzenautomaten, Notübernachtungen für Heroinabhängige und ein Nachtangebot für die der Beschaffungsprostitution nachgehenden Frauen. Die Substitutionsbehandlung wurde eine etablierte Behandlungsform. Bundesweit wurde diese Entwicklung nachvollzogen - zumindest in den Großstädten - und ging weiter. Seit Ende der 90er Jahre sind in anderen großen Städten des Landes Einrichtungen entstanden, in denen sich DrogengebraucherInnen sauber und stressfrei die Droge spritzen können, sogenannte Konsum- oder Gesundheitsräume. Inzwischen gibt es diese, zum Teil mehrere, in Berlin, Hamburg, Hannover, Münster, Essen, Bochum, Dortmund, Wuppertal, Köln, Aachen, Saarbrücken und Frankfurt. An dem 2002 gestarteten Modellprojekt der kontrollierten Heroinvergabe nahmen die Städte Hamburg, Hannover, Köln, Bonn, Frankfurt, Karlsruhe und München teil. Diese bundesweite Entwicklung ist an Bremen parteiübergreifend vielleicht auch aus ideologischen, aber ganz sicher aus finanzpolitischen Gründen spurlos vorübergegangen.

Während wir uns für eine grundsätzliche Liberalisierung der Drogenpolitik nur auf Bundesebene einsetzten können, z.B. Freigabe und damit Entkriminalisierung von Marihuana, halten wir es aber auf der Bremer Ebene für erforderlich, dass auch hier das Hilfsangebot entsprechend dem Bedarf und den gesetzlichen Möglichkeiten gestaltet wird.
"Grundsätzlich ist festzustellen, dass zu einer humanen großstädtischen Drogenpolitik die Bereitschaft gehört, mobile oder stationäre Druckräume einzurichten" (Hermann Schulte-Sasse, Berliner Gesundheitsstaatssekretär in der taz vom 6.3.2002). Eine Stadt wie Bremen muss mit ihrer offensichtlich bestehenden Drogenproblematik das Hilfsangebot entsprechend erweitern und kann nicht, wie in den letzten Jahren geschehen, das Angebot reduzieren. Personelle Einsparungen in der Drogenberatung und in der psychosozialen Begleitung Substituierter haben die Existenz des Kontaktladens im Viertel, des offenen Beratungs- und Aufenthaltsangebotes für Substituierte und zweier regionaler Drogenberatungsstellen beendet; in den ergänzenden Methadonprogrammen, den verbliebenen Beratungsstellen und dem Kontakt- und Beratungszentrum führen und führten Kürzungen zu einer erhöhten Fallbelastung. Sowohl im Interesse der AnwohnerInnen, die sonst mit den Begleiterscheinungen des Konsums in ihrem direkten Umfeld konfrontiert sind, halten wir die Einrichtung eines stationären und/oder mobilen Druckraums für erforderlich. Dadurch, dass die Drogenabhängigen stressfreier und unter hygienischen Bedingungen konsumieren können, kommt es perspektivisch zu einer grundsätzlichen Erhöhung des Hygienebewusstseins und damit auch zu einer Reduzierung eventueller Begleiterkrankungen. Andererseits wird der öffentliche Raum durch die Verlagerung des Konsums entlastet und AnwohnerInnen und Geschäftsleute sind nicht mehr mit dem Anblick und eventuellen Auseinandersetzungen konfrontiert.

Die Studie über das Modellprojekt der Heroinverschreibung ist inzwischen erfolgreich beendet und die beteiligten Städte, die Bundesärztekammer und diverse Fachverbände sprachen sich für die Zulassung als Behandlungsform aus. Von der Mehrheit des Bundestages wurde dies aber - vordergründig aus fiskalischen Gesichtspunkten - abgelehnt.
Derzeit wird versucht, über den Bundesrat eine entsprechende Mehrheit für die Behandlung mit Heroin zu organisieren, und wir erwarten, dass Bremen diesbezüglich unterstützend tätig wird. Denn auch hier in Bremen böte diese Behandlung die Chance, gerade diejenigen LangzeitkonsumentInnen therapeutisch zu erreichen, bei denen die Substitutionsbehandlung zu unzureichenden Ergebnissen führt.

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