Drogenpolitische Positionen der PDS im 14. Deutschen Bundestag

Viele Bürgerinnen und Bürger sind mit Drogenabhängigkeit konfrontiert: sei es als Abhängige bzw. Angehörige oder mit Folgeerscheinungen der derzeitigen Drogenpolitik.
Unbestritten ist, daß ein großer, wenn nicht der größte Teil dessen, was unter Alltagskriminalität gefaßt wird, mit Sucht bzw. Beschaffungskriminalität zusammenhängt. So gehen etwa die Hälfte der Fahrzeugaufbrüche und Wohnungseinbrüche auf diese Motive zurück, etwa 20% der Raubdelikte dienen der Finanzierung dieser Sucht. Der erste Schritt zur Bekämpfung dieser Form der Kriminalität, die viele Menschen ängstigt, besteht in einer grundlegenden Wende in der Sucht- und Drogenpolitik.

Beschaffungskriminalität und Prostitution sind eine Folge der Illegalisierung. Rund 65% der Strafverfahren in diesem Land haben im weiteren Sinne mit Drogen zu tun, mit Erwerb, Besitz, Handel und vor allem Beschaffungskriminalität.
Die gegenwärtige Drogenpolitik ist komplett gescheitert. Sie ist gekennzeichnet durch Fehlinformationen, Ideologisierung, Pönalisierung und Tabuisierung. Sie produziert in erheblichem Maße die Probleme, die sie zu bekämpfen vorgibt, hält einen verhängnisvollen Kreislauf zwischen Illegalisierung, Kriminalisierung und Abhängigkeit aufrecht. Dabei wird oft ignoriert, daß mit der Kriminalisierung von Cannabisprodukten und sog. harten Drogen nur ein Teil der Rauschmittel illegal bleibt, während z.B. die gravierende Droge Alkohol legal bleibt.

Illegalisierung bringt soziale Verelendung und Verwendung gesundheitsgefährdender Drogenbestecke mit sich. KonsumentInnen mit Abhängigkeitserscheinungen, die sich einer Therapie unterziehen wollen, haben nur geringe Chancen, da es an Therapieeinrichtungen, Substitutionsprogrammen, sozialer Unterstützung fehlt. Die herrschende Drogenpolitik setzt auf Strafrecht, auf Repression. Doch das Strafrecht ist ein untaugliches Mittel. Drogenabhängigkeit ist kein strafrechtliches, sondern ein soziales und medizinisches Problem. Wir plädieren daher für eine ärztlich kontrollierte Abgabe auch harter Drogen. Spätestens wenn der Verlust des Arbeitsplatzes droht und der oder die Abhängige Gefahr läuft, aus sozialen Strukturen zu fallen, in die Beschaffungskriminalität abzurutschen, muß es möglich sein, die benötigten »harten Drogen« unter ärztlicher Kontrolle zu beziehen.

Auf die Nachfrage nach Drogen wirkt das Strafrecht nicht abschreckend. Wenn Betroffene drogenabhängig sind und ihre Abhängigkeit beenden wollen, müssen ausreichend Angebote an Einrichtungen und Substitutionsprogrammen vorhanden und Unterstützung bei der Stabilisierung der Lebensverhältnisse garantiert sein.

Der Anbau von Rauschmittelressourcen wird in vielen Ländern immer stattfinden. Kriminalisierung des Drogenkonsums ist Grundlage dafür, daß Drogenhändler horrende Profite einstreichen. Wenn sog. harte Drogen kontrolliert für den Eigenkonsum erhältlich sind, wird dieser Extraprofit ausbleiben.

Die amtierende Bundesregierung hat zwar "neue Wege der Drogen- und Suchtbekämpfung“ angekündigt. Gleichwohl verweigern konservative Kräfte einen grundlegenden Wandel in der Drogenpolitik und tragen zur Fehlinformation der Bevölkerung sowie zur Aufrechterhaltung der katastrophalen Situation bei.

Deshalb bedarf es einer grundlegenden Kehrtwende in der Drogenpolitik: Legalisierung, Entkriminalisierung und Therapie statt Strafe sind die Mittel dazu, wie seit Jahren auch von namhaften Wissenschaftlern, Juristen und auch von leitenden Polizeibeamten aus Bund und Ländern gefordert wird.

Die PDS-Bundestagsfraktion fordert
  1. Entkriminalisierung des Gebrauchs von Cannabisprodukten und sog. harter Drogen. Besitz und Erwerb zum Eigenkonsum müssen straflos sein, die Höchstmengen zum Eigenkonsum gesetzlich festgelegt werden.
  2. Sog. harte Drogen können ärztlich kontrolliert abgegeben werden. Diese ärztlich überwachte Abgabe ist insbesondere dann angezeigt, wenn einer oder einem Abhängigen eine schwerwiegende Verschlechterung ihrer bzw. seiner sozialen Situation droht (z.B. Verlust des Arbeitsplatzes, die Gefahr, in die Beschaffungskriminalität abzurutschen).
  3. Eine vom Bundestag eingesetzte Expertenkommission soll Modelle für die medizinisch kontrollierte Abgabe sog. harter Drogen vorschlagen.
  4. Legalisierung von Cannabisprodukten, wobei ein Abgabeverbot an Jugendliche unter 16 Jahren sowie die Verpflichtung von Abgabestellen zu Beipackzetteln über den THC-Gehalt und evtl. Risiken zu normieren sind.
  5. Legalisierung des Anbaus von Cannabispflanzen.
  6. Einfuhrüberwachung der Rohstoffe für Drogen.
  7. Werbeverbot für alle Drogen (Alkohol, Tabak- und Pharmazieprodukte, andere Rauschmittel), Ausbau der Therapieeinrichtungen für Drogenabhängige.
  8. Zulassung bzw. Ausweitung von Programmen zur niederschwelligen Substitution und zur Originalsubstitution nach niederländischem Vorbild.
  9. Abbau der Desinformation über Rauschmittel durch eine Informationskampagne und kontinuierliche Aufklärung besonders an Schulen.
Stand: Juli 1999
Redaktion: Ulla Jelpke MdB, Innenpolitische Sprecherin der PDS-Fraktion im Deutschen Bundestag

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