»Wir müssen Drogenkonsum akzeptieren«

[Neues Deutschland vom 01. Novembert 2011]

Frank Tempel (LINKE) über Legalisierungspläne seiner Partei und die Hilflosigkeit der Repression

Frank Tempel ist drogenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag. Für »neues deutschland« sprach Fabian Lambeck mit ihm über den Beschluss der LINKEN, die Legalisierung beziehungsweise die kontrollierte Abgabe harter Drogen in ihr Grundsatzprogramm aufzunehmen.

ND: Die LINKE fordert die Freigabe aller Drogen. Ist das nicht gefährlich?
Freigabe ist nicht korrekt. Es geht um eine Entkriminalisierung des Drogenkonsums und des entsprechenden Besitzes. Und das ist etwas anderes als die freie Verfügbarkeit.

ND: Wo liegt der Unterschied?
Der Dealer auf der Straße soll nicht legalisiert werden, sondern verschwinden. Aber Konsumenten sollen als Konsumenten behandelt werden und bei Bedarf Hilfestellung als Menschen finden, ohne sich selbst als Kriminelle outen zu müssen. Und wir wollen generell einen Umstieg von einer Drogenpolitik, die dominant auf Repression setzt. Wir wollen eine Drogenpolitik, die am Menschen orientiert ist - also progressiv und akzeptierend.

Was heißt akzeptierend?
Akzeptierend heißt, dass wir dieses Phänomen Drogenkonsum in unserer Gesellschaft nun einmal akzeptieren müssen. Wir haben legale und wir haben illegale Drogen.

Ich als Kriminalbeamter habe ja im Bereich der Repression gearbeitet. Und ich habe die Hilflosigkeit der Repression mit eigenen Augen sehen müssen. Man muss sich fragen, ob das Drogenstrafrecht noch zeitgemäß ist. Und vor allem, ob seine beabsichtigte Wirkung - eine drogenfreie Gesellschaft - auch nur annähernd erreicht wird. Sie verfehlt ihr Ziel ganz offensichtlich. In vielen Bereichen hat das Strafrecht sogar negative Auswirkungen. Gerade in den Bereichen Prävention, Aufklärung und Suchtbetreuung.

Nun gut, die momentane Drogengesetzgebung ist wenig hilfreich. Aber wie sollte eine Legalisierung aussehen? Drogen aus der Apotheke für jedermann?
Die LINKE will ja nicht die Legalisierung »über Nacht«. Das wäre eine Kehrtwende um 180 Grad, die nicht funktionieren würde, weil die Gesellschaft erst mitgenommen werden muss.

So ist Ihr Gesetzentwurf zur Einführung von Cannabis-Clubs ein erster Schritt, um die Gesellschaft mitzunehmen?
Ja. Aber generell gilt: man muss differenzieren. Konsum heißt ja nicht gleich Sucht. Zudem sind die Drogen sehr unterschiedlich. Es gibt welche mit einem sehr hohen und welche mit einem geringen Abhängigkeitsrisiko. Fakt ist: Es gibt ein Risiko. Das darf man auch bei der angeblich »weichen Droge« Cannabis nicht verharmlosen. Das machen wir auch nicht. Als Grundlage unseres Antrages haben wir uns das spanische Modell ausgesucht. Also ein Modell, das sich in einem EU-Staat bereits bewährt hat.

Warum dieses spanische Modell?
In den Anbauclubs, wo der Eigenbedarf für Clubmitglieder produziert wird, gibt es recht strenge Regelungen. Man kann nur die Menge, die man selbst konsumiert, anbauen. So ist man als Konsument entkriminalisiert. Das kann funktionieren und ist mit europäischem Recht vereinbar. Der Handel mit Cannabis bleibt somit im Übrigen weiterhin verboten.

Wird Ihr Antrag im Bundestag eine Chance haben?
Ich glaube der einzige Antrag, der im Bundestag von der LINKEN seit 2005 verabschiedet wurde, war der Antrag von Jan Korte zum Thema »Kriegsverräter«. Ich gehe also davon aus, dass Union und FDP den Antrag ablehnen werden. Mir geht es auch vielmehr darum, mit Hilfe des Antrags die Debatte zum Thema zu führen. Wir planen daher auch, eine Anhörung dazu im Januar nächsten Jahres durchzuführen.

Dabei wäre eine vorsichtige Legalisierung mit Cannabis relativ einfach zu bewerkstelligen. Wie geht man aber mit den ungleich problematischeren Substanzen wie Heroin oder Kokain um?
In diesen Fällen wird es mit uns keine schnellen Änderungen geben. Das ist in den reißerischen Presseberichten über den Parteitagsbeschluss zur Legalisierung einfach ignoriert worden. Wir habe kein Wahlprogramm, sondern wir haben ein Grundsatzprogramm aufgestellt. So ein Programm muss auch visionär sein. Die Legalisierung muss man sich als langfristigen Prozess vorstellen, der sich in mehreren Schritten vollziehen muss. Wir brauchen zuerst eine bessere Aufklärung und die Debatte darüber in der Gesellschaft. Ein weiterer Schritt könnte die Einführung von Drug-Checking-Projekten sein.

Was soll da gecheckt werden?
Bei Drug-Checking können Konsumenten den Stoff, den sie illegal erworben haben, auf seine Reinheit untersuchen lassen. Denn auf dem völlig illegalen und unkontrollierten Markt weiß kein Konsument, was in dem Stoff tatsächlich drinsteckt. Wir haben zum Beispiel beim Kokain Reinheitsgrade auf der Straße von 18 Prozent. Das heißt: Über 80 Prozent ist irgendwelcher Dreck.

Diese Streckmittel machen die Drogen noch gefährlicher?
Diese Streckmittel rufen sogar oft die wesentlich größeren Gesundheitsschäden hervor als die Droge selbst. In Leipzig wurden beispielsweise über 100 Marihuana-Konsumenten mit einer Bleivergiftung behandelt, weil die Dealer ihren Stoff schwerer machen wollten. Schließlich wird ja per Gramm abgerechnet. Dass ist das Problem, wenn man den Drogenhandel in diesem Raubtierkapitalismus der Mafia überlässt. Die nehmen auf die Gesundheit ihrer Kunden keine Rücksicht.

Und letzter Schritt wäre die Drogenabgabe in der Apotheke?
Mit den Apothekern müsste man auf alle Fälle reden, die hätten heute schon die Voraussetzungen, um das zu machen. Etwa die wichtige Beratungskompetenz. Aber wie gesagt: Es gibt verschiedene mögliche Modelle. Deshalb will ich anfangen, die Debatte in der Gesellschaft und damit auch in unserer Partei zu führen.
Lars Lonte - 16. Nov, 16:28

NEIN!

Müssen wir nicht!


Krieg dem Rauschgift

Der weltweite Drogenkrieg fordert jeden Tag neue Opfer. Das Billionen-Dollar-Geschäft frißt immer größere Teile der freien Gesellschaft. Deutschland muß endlich energisch den Kampf gegen das Drogenkartell führen. Das Netzwerk der internationalen Geldwäsche durch Finanzinstitutionen, die über allen Zweifel erhaben zu sein scheinen, sowie Vertriebswege und Maßnahmen im Drogenanbaugebiet sind die strategischen Schlüsselpunkte im Krieg gegen die Drogenplage.

http://www.bueso.de/rauschgift


LaRouche und EIR

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Wertkonservatives aus der Schweiz

http://www.zeit-fragen.ch

Bernd Senf nach Wilhelm Reich, Psychosoziale Hintergründe

http://www.berndsenf.de

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