Drogen-Jeanne d’Arc und Volkszerstörerin

[Hanf Journal vom Dezember 2004]

Interview mit Julia Bonk

Julia Bonk ist PDS-Politikerin im sächsischen Landtag. Sie erreichte innerhalb kürzester Zeit enorme Aufmerksamkeit durch ihren Auftritt im „Schöner leben ohne Nazis“-T-Shirt und ihre Statements zum Thema Drogen. Sie ist für die Legalisierung aller illegalisierten Substanzen.

Julia Bonk: Ich wurde unlängst von irgendeinem Bürger angezeigt worden, weil ich angeblich Kontakte in die illegale Drogenszene unterhalten würde. Lustiger Vorwurf, bin gespannt, ob da was kommt.

Hanf Journal: Aber Kontakte sind ja nicht illegal

Julia Bonk: Das ist kein Straftatbestand, deswegen wird der arme Bürger wahrscheinlich total leer ausgehen in seiner scheinbaren Gerechtigkeitssucht.

Hanf Journal: Das kam jetzt aufgrund dieser ganzen Diskussion, oder was?

Julia Bonk: Die BILD-Zeitung titelte „Ja, ich nehme Drogen“. Und tatsächlich: Ich hab schon mal an ’ner Hasch-Zigarette gezogen. Das war offensichtlich ja schon ein totaler Tabubruch für die Öffentlichkeit.

Hanf Journal: Aber nicht inhaliert, hm?

Julia Bonk: Auf die Diskussion würde ich mich dann wieder nicht einlassen, das wird dann echt peinlich.
Aber deswegen: Das hat dann jemand in der Zeitung gelesen und befunden, dass das kriminell sein müsse und nun bin ich angezeigt. Aber da mach’ ich mir keinen Kopf. Aber in den ganzen Kiffer-Foren hab ich auch nicht unbedingt nur Positives gelesen über die ganze Legalisierungsdebatte, die da angestoßen wurde. Ich hab’ das nicht richtig verstanden. ist das weil die Kiffer nicht wollen, dass andere Drogen mitlegalisiert werden, weil die denen dann sozusagen die eigene Debatte versauen?
Aber ich bin da halt prinzipiell für Selbstbestimmung. Es ist ja auch beispielsweise so, dass der Staat die Menschen Auto fahren lässt. Das ist ja auch gefährlich, und deswegen gibt es auch gleich immer Sicherungssysteme dazu. Man darf Auto fahren, muss sich aber anschnallen.

Hanf Journal: Also, wir fanden das ja mal ganz erfrischend, dass sich da ne PDS-Politikerin so kompetent zur Drogenpolitik äußert.

Julia Bonk: Um ehrlich zu sein, war das keine Absicht. Ich hatte nicht vor, mich hier zur Drogen-Jeanne d’Arc zu machen. Ich hab’ mich um die Debatte nicht gerissen, bin jetzt aber auch froh, dass sie geführt wird, wichtig ist sie ja. Und dann hat mich die BILD-Zeitung gefragt, ob ich selber schon mal gekifft habe. Und da finde ich, ist es eben auch die Aufgabe von leuten inder Öffentlichkeit, so eine Redetabu zu durchbrechen. Denn verbreitet ist Kiffen ja total, und trotzdem redet keiner so recht darüber . Ich bin dafür ziemlich angefeindet worden. Die NPD hat mich gar Volkszerstörerin genannt, aber damit kann ich leben.

Hanf Journal: Würdest du jetzt sagen, Legalisierung in Teilschritten, also erst Cannabis und dann der Rest, oder anders?

Julia Bonk: Ich glaube, das ist eine Frage, die man in einer gesellschaftlichen Diskussion aushandeln muss. Die Gesellschaft ist einfach noch total verkrampft, weil es soviel Unwissenheit und Ängste rund um das Thema Drogen gibt. Aber meiner Meinung nach müsste das schon schrittweise gehen. Also jetzt nicht nach der Härte der Drogen, sondern mit einer natürlichen Vorbereitungszeit. Weil natürlich eine gewisse Vorbildung dazugehört in Form von Aufklärung in Schulen und so weiter. Es muss natürlich einen gewissen Vorlauf geben, dass das passieren kann. Ich finde nicht, dass man das dann staffeln müsste. Also, erst Cannabis und dann die andern. Aber wenn jetzt Cannabis mal legalisiert würde, dann wäre das natürlich ein super erster Verhandlungserfolg.

Hanf Journal: Sag, wie stellst du dir das eigentlich vor mit der Legalisierung? Weil da gibt’s ja auch schon Probleme. Wie würdest du zum Beispiel mit den Minderjährigen umgehen?

Julia Bonk: Der Punkt ist ja, dass das Problem durch die Kriminalisierung auch nicht behoben wird. Das muss einfach grundlegend anders organisiert werden. Und das ist ja auch eine allgemeine Tendenz: Junge Leute trinken eher Alkohol, fangen eher an zu rauchen. Und wie man dem entgegenwirken kann . . . auf jeden Fall durch bessere Aufklärung und witzige Aktionen zu Drogenkonsum. Ich bin nicht für eine Freigabe von Cannabis für unter16-Jährige, das ist auch falsch zitiert worden.

Hanf Journal: Aber dadurch hören ja die unter 16-Jährigen nicht auf zu kiffen.

Julia Bonk: Ich sehe das Problem. Und eigentlich bin ich ja auch für die Selbstbestimmung Jüngerer. Der Punkt ist aber, dass man gucken muss, was durchsetzbar und was sinnvoll ist. Der Konsum ist sicher nicht verhinderbar, aber man muss halt versuchen, Schutzmechanismen einzuziehen Weil die Leute eben erst fit gemacht werden ,müssen über und mit Drogen, bevor sie selbstbestimmt damit umgehen können.

Hanf Journal: Würdest du mal die für dich perfekte Drogenpolitik skizzieren? Was könnte man alles kaufen, und wo, und mit welchen Schranken?

Julia Bonk: Also meiner Meinung nach sollten grundsätzliche jegliche illegalisierte Substanzen mehr oder weniger frei zugänglich sein. Man muss da natürlich Sicherungssysteme einbauen, indem man sagt: Bestimmte Sachen eben nur in der Apotheke. Dann kann auch Qualitätssicherung und Verbraucherschutz betrieben werden. Bei harten Sachen braucht es sicher auch ’ne Beratungspflicht, dass man sich also vorher mit dem Apotheker unterhalten muss. Dann sollte es auch noch mehr öffentliche Konsumräume mit medizinischer Überwachung geben. Und man bräuchte natürlich auch Netze, die einen auffangen, wenn Drogenkonsum kein Genuss mehr ist. Ich finde aber auch, dass Cannabis und seine Produkte relativ öffentlich zugänglich verkauft werden könnten. Und natürlich sollte Werbung für Drogen generell verboten werden.

Hanf Journal: Mal ’ne Frage zum Medienrummel, der kam ja ganz schön plötzlich. Wie gehst du damit um?

Julia Bonk: Man muss eben immer abwägen, ob man im jeweiligen Bericht die Möglichkeit hat, seine Themen rüberzubringen. Was ich in der Berichterstattung nicht mag ist, wenn ich zum teil nur auf mein Aussehen reduziert werde.

Hanf Journal: Du hättest auch die Möglichkeit gehabt, für die Grünen in den Landtag zu gehen. Erklär’ doch mal deine Entscheidung.

Julia Bonk: Also, ich wollte unbedingt eine linke alternative Politik unterstützen. Die sind die Grünen wegen ihrer kriegs- und sozialabbauunterstützenden Politik aber einfach nicht mehr.

Fazit: Ja, es gibt Hoffnung für die deutsche Politik. Wir brauchen mehr solche kompetenten jungen politischen Menschen, die über ihre Ansichten auch mal nachdenken, bevor sie sie in die Welt hinausposaunen!

Das Interview führte Martin Schwarzbeck

Trackback URL:
https://linkedrogenpolitik.twoday.net/stories/2417322/modTrackback


Materialien
Positionen
Presseecho
Pressemitteilungen
Reden
Termine
Verschiedenes
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren