Zwischen Genuss und Missbrauch

von Minka Dott.

[in: Blättchen vom 03. Juni 2004]]

Prävention und die Aufklärung besonders von Jugendlichen sind in der Drogenpolitik oberstes Gebot. Dazu erscheint unter anderem die neue Drogenbroschüre der PDS in Kürze.

»Berlin bekifft«, so titelte eine in der Stadt ansässige Tageszeitung, nachdem die Debatte über einen liberaleren Umgang mit Cannabis in Berlin endlich zu dem Ergebnis geführt hatte, Cannabisbesitz bis zur Höchstmenge von 15 Gramm künftig nicht mehr strafrechtlich zu verfolgen. Davor lag diese Grenze bei sechs Gramm. Bis 30 Gramm gibt es Entscheidungsspielraum.

Natürlich ging es nicht darum, mit dieser Entscheidung schlicht das Kiffen zu propagieren, sondern die in Jahren gewonnenen Erkenntnisse in praktische Politik umzusetzen. Das Märchen vom Cannabis als Einstiegsdroge ist widerlegt und auch die angedrohten gesundheitlichen Folgen wurden nicht nachgewiesen. Trotz einer Kriminalisierung ist
die Zahl der Konsumenten nicht gesunken.

Wir unterstützen die Absicht, in Berlin einen Modellversuch zum Umgang mit Cannabis zu initiieren. Die CDU lehnt das aus Prinzip ab, während sich die Koalitionsparteien ernsthaft mit dem Problem befasst haben. Bis jetzt gibt es in dieser Frage aber keine Übereinstimmung, da SPD und PDS in ihren Fraktionen zu unterschiedlichen Mehrheiten kamen. Zwar erkennt auch die PDS an, dass die Zielbestimmung des Versuchs schwierig und eine Genehmigung auf Bundesebene unwahrscheinlich ist. Auch verbietet der Jugendschutz, eine wichtige Gruppe von Konsumenten in das Modell einzubeziehen.

Trotzdem sehen wir in einem Modellversuch eine weitere Möglichkeit, zu neuen Erkenntnissen zu kommen. Auch einer Bundesratsinitiative zur Legalisierung von Cannabisprodukten steht die PDS aufgeschlossen gegenüber. Legalisierung wäre die Grundlage für eine tatsächliche Entkriminalisierung von Verbrauchern. Eine neue Herangehensweise wurde unter Rot-Rot auch im Umgang mit harten Drogen deutlich. Drogen- und Suchtpolitik wird doch immer meist auf den Teil der illegalen Drogen reduziert, während der bedeutend häufigere Gebrauch und Missbrauch von Alkohol, Tabak und Medikamenten kaum eine Rolle spielt. Die PDS-Fraktion versucht mit ihrem drogenpolitischen Ansatz, der Gesamtsituation Rechnung zu tragen.

Prävention und Aufklärung über die Wirkungen aller Rausch- und Genussmittel, besonders unter Kindern und Jugendlichen, stehen im Vordergrund. Dabei ist die Akzeptanz der Tatsache, dass Genuss zum Leben gehört, wichtig. Verbote und Kriminalisierungen schieben das Thema in eine für Auseinandersetzungen unzugängliche Zone ab. Auch soziale Grundlagen für Missbrauch müssen erkannt und bekämpft werden.

Drogensüchtige Menschen sind allerdings Kranke und müssen auch so behandelt werden. So dient die Einrichtung eines mobilen und von zwei stationären Drogenkonsumräumen in Berlin der gesundheitlichen und psychosozialen Unterstützung Schwerstabhängiger. Damit wurde ein wichtiges Vorhaben der Koalitionsvereinbarung umgesetzt. Die PDS-Fraktion arbeitet gegenwärtig daran, bestimmte repressive Vorschriften zu hinterfragen, damit in Zukunft Betäubungsmittelproben auf ihre Wirkung hin untersucht werden können, um Schaden zu minimieren (Drugchecking).

Die rot-grüne Bundesregierung, heißt es, lasse zum Einsatz von Cannabis als Arzneimittel forschen. Wir fordern, dass endlich auch Ergebnisse vorgelegt werden. Es wäre auch interessant zu erfahren, wo der Einfluss der Berliner Bündnisgrünen darauf bleibt, dass auch die rot-grüne Bundesregierung ihre Koalitionsabsprachen im Hinblick auf eine modernere Drogenpolitik erfüllt und damit die Rahmenbedingungen für eine Weiterentwicklung der Berliner Drogenpolitik verbessert ...

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