Brechmitteleinsatz verstößt gegen Folterverbot

[Netzeitung vom 11. Juli 2006]

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Bundesrepublik wegen des Einsatzes eines Brechmittels bei einem Drogenkurier verurteilt. Die Behörden hätten gegen das Verbot unmenschlicher Behandlung verstoßen, sagten die Richter.

Deutschland ist wegen des zwangsweisen Einsatzes eines Brechmittels bei einem Drogenkurier vom europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt worden. Der Einsatz des Brechmittels in diesem Fall sei ein Verstoß gegen das Verbot von Folter und menschenunwürdiger Behandlung, befand am Dienstag der europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Dem Kläger, einem 41 Jahre alten Mann aus Sierra Leone, sprach das Gericht ein Schmerzensgeld von 10.000 Euro zu. Der Einsatz des Brechmittels sei nicht «zwingend erforderlich» gewesen, hieß es in der Urteilsbegründung. In diesem Fall hätte man auf die «natürliche Ausscheidung» der Droge warten können.

Zwei Menschen gestorben

Die Richter verwiesen darauf, dass in Deutschland bereits zwei Menschen nach dem Einsatz von Brechmitteln gestorben seien. Dies spreche für die Gefährlichkeit dieser Zwangsmaßnahme, die nur «unter strikter Kontrolle» eingesetzt werden sollte. «Die Mehrheit der deutschen Bundesländer und der Mitgliedsstaaten des Europarates wenden diese Maßnahme nicht an», hieß es.

Der in Köln lebende Afrikaner hatte bei seiner Festnahme 1993 in Wuppertal ein Säckchen mit Kokain verschluckt. Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft war ihm in einem Krankenhaus durch eine Nasensonde ein Brechmittel verabreicht worden, um die Droge zu erbrechen. Wegen Drogenschmuggels war er 1993 zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden. Diese Strafe war in Berufung auf sechs Monate auf Bewährung verringert worden.

Gegen dieses Urteil ist keine Berufung möglich. Die Bundesregierung muss nun ihre Bestimmungen ändern, damit derartige Fälle nicht mehr vorkommen. (nz)

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