Rede von Peter Porsch, MdL
[Aktuelle Stunde des Sächsischen Landtages am 11. November 2004]
Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete,
Heute ist Martinstag. Da wird von vielen eine Gans verzehrt, im Gedenken an den heiligen Martin, den die Gänse in seinem Versteck verrieten, Man trinkt dazu einen guten Tropfen, viel-leicht auch Bier. Das Essen ist fett und man fördert die Verdauung mit einem kleinen Schnaps. Das Mahl rundet ein abschließender Kaffe und so manchem und mancher schmeckt dazu eine Zigarette: „Nach dem Essen sollst Du rauchen“ – sagt der Volksmund.
Gemütlichkeit pur. Wein, Bier, Schnaps, Kaffe, Tabak haben sie begleitet – das ist doch schöner leben mit der Droge. Und warum auch nicht? „Ein Gläschen in Ehren, kann niemand verwehren.“ Auch das weiß der Volksmund. Und analog gilt das natürlich auch für all’ die anderen Drogen, die zu unserem Alltag gehören.
Ebenfalls am Martinstag feiern die Winzer jenen Tag, an dem der Federweiße oder Sturm endgültig in den Zustand des neuen Weines übergeht. Es gibt dazu Brauchtum und Festivitäten unterschiedlichster Art. „Die Landschaft ist wie vom lieben Gott gekämmt“ lese ich über den Anblick von Weinbergen. „Schade, dass man den Wein nicht streicheln kann“, seufzt Kurt Tucholsky und wer ein wahrer Deutscher ist, wünscht sich das Wasser des Rheins in goldnen Wein verwandelt und möchte so gern ein Fischlein sein – Schöner leben als Fischlein im drogenvollen Wein-Rhein – noch dazu nächst den Hochburgen des deutschen Karnevals, der ja heute auch beginnt - darauf sollten sich doch jene einlassen, die sich für die wahren Deutschen halten. Es könnte der Rest dann glücklich außerhalb des Rheins leben, schöner leben ohne Nazis.
Wenn Ihnen, meine Dame und meine Herren Einreicher der Aktuellen Debatte, aber Bier doch lieber sein sollte, dann gehen Sie doch zu einem Kommers der ihnen nahestehenden deutsch-nationalen Burschenschaften. Da steppt der Bär, wenn die Füchse voll sind und durch Trinksprüche angestachelt zum dritten Mal kotzen – kultiviert natürlich, denn auf den Toiletten gibt es eigene Kotzbecken, groß genug, dass nichts daneben geht und auch in der richtigen Höhe angebracht. Es macht einen eigenen Ton, wenn sie benutzt werden, und deshalb heißt der Vorgang auch bei manchen „Ulf rufen“. Das gehört zum „schöner Leben“ eines deutschen Burschen wie die Wichs und die Beziehungen.
Nun aber Spaß beiseite. Neben dem Gläschen in Ehren wissen wir freilich auch, dass „wer Sorgen hat, hat auch Likör“. Und Sorgen drängen wohl öfter zur Droge als das Gläschen in Ehren: Missbrauch von Alkohol, Nikotin, Medikamenten kosten die Gesellschaft jährlich Milliarden von Euro. Die Folgen ungelöster persönlicher Probleme, entstanden in einer Gesellschaft, die Wettbewerb vor Solidarität, Ellenbogen vor Mitmenschlichkeit stellt, fallen so auf die Gesellschaft zurück. Die Opfer werden immer jünger.
Käme aber deshalb jemand auf die Idee die Weinberge zu zerstören, wie die Mohnfelder in Burma, käme jemand auf die Idee die Schnapsbrennereien, Pharmafabriken und Brauereien zu stürmen? Ist der Winzer, ist der Braumeister schuld am Alkoholkranken? Da spricht man doch eher von der Freiheit und Verantwortung des/der Einzelnen und stellt diese zwischen den Trinker und den Erzeuger und die Entziehungsanstalt. Nur können sich Freiheit und Verantwortung im Falle der Not so sehr nicht mehr entfalten, weshalb es auch niemandem erlaubt ist, Verzweiflungstaten von Menschen in Not, sei es Drogenmissbrauch oder gar Suizid, dem freien Willen zuzuordnen. Solche Menschen brauchen nichts als unsere Hilfe.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, jede Kultur hat ihre Drogen, eigene und aus anderen Kulturen übernommene. Der Wein – im alten Testament als „Lebenswasser“ gepriesen - kam über die Römer zu uns, Kaffe und Tabak kommen aus Amerika, genau so wie die Kartoffel. Zuerst verpönt, dann kultiviert. Jede Kultur hat ihre Drogen und ihre Drogenprobleme. Letztere kann man nicht ernst genug nehmen. Ihre Ursachen liegen aber nicht vordergründig in den Drogen. Und deshalb reicht es überhaupt nicht Drogen in gute und schlechte einzuteilen. Es gibt nicht gute und schlechte Drogen, es gibt nur, sagen wir mal vorsichtig, etwas weichere, wie Bier oder Cannabis, und deutlich härtere wie Schnaps oder Heroin; und es gibt in der Kultur angekommene, wie Wein oder Tabak, und solche die noch an die Tür der Kultur klopfen, wie Marihuana oder neuerdings Designerdrogen. Sie alle können zu Lust- und Phantasiegewinn beitragen und sie alle können brandgefährlich sein. Deshalb ist der Umgang mit ihnen zu lernen und zu kontrollieren, wie der Umgang mit Streichhölzern und mit Automobilen. Darin liegt unsere Verantwortung. Verbot und Kriminalisierung von Erwerb und Besitz sind da zu einfache Lösungen. Und der Aufkleber „Rauchen kann tödlich sein“ auf der frei verkauften Zigarettenpackung ist merkantiler Zynismus pur.
Und im Übrigen, meine Dame und meine Herren Einreicher: Schöner leben kann man mit oder muss man ohne Drogen. Da macht die Dosis den Unterschied. Bei Nazis geht nur schöner leben ohne, denn selbst die kleinste Dosis Nazis bringt nur Unglück und vergiftet.
Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete,
Heute ist Martinstag. Da wird von vielen eine Gans verzehrt, im Gedenken an den heiligen Martin, den die Gänse in seinem Versteck verrieten, Man trinkt dazu einen guten Tropfen, viel-leicht auch Bier. Das Essen ist fett und man fördert die Verdauung mit einem kleinen Schnaps. Das Mahl rundet ein abschließender Kaffe und so manchem und mancher schmeckt dazu eine Zigarette: „Nach dem Essen sollst Du rauchen“ – sagt der Volksmund.
Gemütlichkeit pur. Wein, Bier, Schnaps, Kaffe, Tabak haben sie begleitet – das ist doch schöner leben mit der Droge. Und warum auch nicht? „Ein Gläschen in Ehren, kann niemand verwehren.“ Auch das weiß der Volksmund. Und analog gilt das natürlich auch für all’ die anderen Drogen, die zu unserem Alltag gehören.
Ebenfalls am Martinstag feiern die Winzer jenen Tag, an dem der Federweiße oder Sturm endgültig in den Zustand des neuen Weines übergeht. Es gibt dazu Brauchtum und Festivitäten unterschiedlichster Art. „Die Landschaft ist wie vom lieben Gott gekämmt“ lese ich über den Anblick von Weinbergen. „Schade, dass man den Wein nicht streicheln kann“, seufzt Kurt Tucholsky und wer ein wahrer Deutscher ist, wünscht sich das Wasser des Rheins in goldnen Wein verwandelt und möchte so gern ein Fischlein sein – Schöner leben als Fischlein im drogenvollen Wein-Rhein – noch dazu nächst den Hochburgen des deutschen Karnevals, der ja heute auch beginnt - darauf sollten sich doch jene einlassen, die sich für die wahren Deutschen halten. Es könnte der Rest dann glücklich außerhalb des Rheins leben, schöner leben ohne Nazis.
Wenn Ihnen, meine Dame und meine Herren Einreicher der Aktuellen Debatte, aber Bier doch lieber sein sollte, dann gehen Sie doch zu einem Kommers der ihnen nahestehenden deutsch-nationalen Burschenschaften. Da steppt der Bär, wenn die Füchse voll sind und durch Trinksprüche angestachelt zum dritten Mal kotzen – kultiviert natürlich, denn auf den Toiletten gibt es eigene Kotzbecken, groß genug, dass nichts daneben geht und auch in der richtigen Höhe angebracht. Es macht einen eigenen Ton, wenn sie benutzt werden, und deshalb heißt der Vorgang auch bei manchen „Ulf rufen“. Das gehört zum „schöner Leben“ eines deutschen Burschen wie die Wichs und die Beziehungen.
Nun aber Spaß beiseite. Neben dem Gläschen in Ehren wissen wir freilich auch, dass „wer Sorgen hat, hat auch Likör“. Und Sorgen drängen wohl öfter zur Droge als das Gläschen in Ehren: Missbrauch von Alkohol, Nikotin, Medikamenten kosten die Gesellschaft jährlich Milliarden von Euro. Die Folgen ungelöster persönlicher Probleme, entstanden in einer Gesellschaft, die Wettbewerb vor Solidarität, Ellenbogen vor Mitmenschlichkeit stellt, fallen so auf die Gesellschaft zurück. Die Opfer werden immer jünger.
Käme aber deshalb jemand auf die Idee die Weinberge zu zerstören, wie die Mohnfelder in Burma, käme jemand auf die Idee die Schnapsbrennereien, Pharmafabriken und Brauereien zu stürmen? Ist der Winzer, ist der Braumeister schuld am Alkoholkranken? Da spricht man doch eher von der Freiheit und Verantwortung des/der Einzelnen und stellt diese zwischen den Trinker und den Erzeuger und die Entziehungsanstalt. Nur können sich Freiheit und Verantwortung im Falle der Not so sehr nicht mehr entfalten, weshalb es auch niemandem erlaubt ist, Verzweiflungstaten von Menschen in Not, sei es Drogenmissbrauch oder gar Suizid, dem freien Willen zuzuordnen. Solche Menschen brauchen nichts als unsere Hilfe.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, jede Kultur hat ihre Drogen, eigene und aus anderen Kulturen übernommene. Der Wein – im alten Testament als „Lebenswasser“ gepriesen - kam über die Römer zu uns, Kaffe und Tabak kommen aus Amerika, genau so wie die Kartoffel. Zuerst verpönt, dann kultiviert. Jede Kultur hat ihre Drogen und ihre Drogenprobleme. Letztere kann man nicht ernst genug nehmen. Ihre Ursachen liegen aber nicht vordergründig in den Drogen. Und deshalb reicht es überhaupt nicht Drogen in gute und schlechte einzuteilen. Es gibt nicht gute und schlechte Drogen, es gibt nur, sagen wir mal vorsichtig, etwas weichere, wie Bier oder Cannabis, und deutlich härtere wie Schnaps oder Heroin; und es gibt in der Kultur angekommene, wie Wein oder Tabak, und solche die noch an die Tür der Kultur klopfen, wie Marihuana oder neuerdings Designerdrogen. Sie alle können zu Lust- und Phantasiegewinn beitragen und sie alle können brandgefährlich sein. Deshalb ist der Umgang mit ihnen zu lernen und zu kontrollieren, wie der Umgang mit Streichhölzern und mit Automobilen. Darin liegt unsere Verantwortung. Verbot und Kriminalisierung von Erwerb und Besitz sind da zu einfache Lösungen. Und der Aufkleber „Rauchen kann tödlich sein“ auf der frei verkauften Zigarettenpackung ist merkantiler Zynismus pur.
Und im Übrigen, meine Dame und meine Herren Einreicher: Schöner leben kann man mit oder muss man ohne Drogen. Da macht die Dosis den Unterschied. Bei Nazis geht nur schöner leben ohne, denn selbst die kleinste Dosis Nazis bringt nur Unglück und vergiftet.
darkrond - 11. Nov, 19:43
Trackback URL:
https://linkedrogenpolitik.twoday.net/stories/1065729/modTrackback