Rede von Julia Bonk, MdL
[Aktuelle Stunde des Sächsischen Landtages am 11. November 2004]
Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete,
Vor seltsam scheinendem Motivationshintergrund seitens der Antragsteller führen wir heute eine Debatte über das Thema Drogen. Ich begreife sie als Chance, sie hier einmal mit zum Teil in der Wahrnehmung leider vernachlässigtem Inhalt zu unterfüttern. Denn diese Debatte ist wichtig, und es ist mir persönlich wichtig, meine Position einmal etwas ausführlicher darzulegen. Die Reaktionen der Öffentlichkeit auf meine Äußerungen zeigen noch einmal, dass dies ein noch immer heikles, weil sicher zum Teil mit Unwissenheit und vor allem aber mit Ängsten belegtes Thema ist. Das müssen wir bedenken und die Frage bei aller Direktheit sensibel behandeln. Sicher müssen wir dafür auch geeignetere Beispiele finden.
Meine Damen und Herren, es werden Rauschmittel konsumiert in der Gesellschaft, das war schon immer so, das haben wir gehört. Es sind heute zum Beispiel Zigaretten so sehr wie Kaffee, Kokain wie Alkohol, Hustensaft wie THC, Liebe und Geschwindigkeit so sehr wie Heroin und Designerdrogen. Alles das und noch viel mehr kann Lust bereiten, kann aber auch in Abhängigkeit und Gefahren für Leib und Seele führen. Nun kann man diese Drogen unterscheiden. Danach wie schädlich sie sind zum Beispiel, und da dürfte sich die Fachwelt im Vergleich von Cannabis und Alkohol, an welchem 2003 40.000 Menschen starben, einig sein. Und natürlich ist Heroin wie alle Opiate gefährlich. Nur einige dieser Suchtmittel sind aber nun verboten, ihre Konsumenten kriminalisiert und es zeigt sich, dass das Kriterium für legal oder nicht legal keineswegs die Gefährlichkeit ist.
Meine Damen und Herren, ich habe für die Entkriminalisierung aller illegalisierten Stoffe plädiert, das wissen Sie. Es gibt dafür ein grundsätzliches und ein pragmatisches Argument. Grundsätzlich: Menschen treffen in der Gesellschaft freie Entscheidungen: ob sie sich einer Operation unterziehen, ob sie ein Kind bekommen wollen, ob sie den Urlaub an Nord-, an Ostsee oder anderswo verbringen, welchen Beruf sie ergreifen wollen, wie sie leben wollen. Selbstbestimmtheit über den Weg, den man geht und die Dinge, die man tut, gehört zu den für mich sehr wichtigen, Grundsätzen unserer liberalen Gesellschaft. Die Freiheit, die man den Menschen gibt, darf aber auch vor diesem Bereich nicht Halt machen. Dazu gehören natürlich Sicherungssysteme, wie zu allen Freiheiten, die man gewährt und da, wo Genuss zur Suchtkrankheit wird, brauchen die Menschen Hilfe.
Es muss statt der repressiven Tabuisierung konsequente Aufklärung über Wirkungsweisen und natürlich Risiken geben. Und natürlich kann die von mir verlangte Freiheit entgegen den Zitierungen der Zeitungen nicht in gleichem Maße für Jugendliche gelten. Sie müssen geschützt und erst sicher gemacht werden in ihrem Umgang mit Lust und Verantwortung für Rausch. Zur Entkriminalisierung gehört die Einrichtung von Drogen-Check-Einrichtungen, und natürlich ein generelles Werbeverbot für rauschfördernde Substanzen. Und selbstverständlich muss man zwischen den Drogen differenzieren. Damit leite ich auf den pragmatischen Hintergrund meiner Argumentation über: es werden Drogen konsumiert, verschiedener Art, verschiedener Härte.
Meine Damen und Herren, seit 1972 gibt es das Betäubungsmittelgesetz. Seit 32 Jahren kämpft der deutsche Staat gegen Drogenkonsumenten und gebracht hat es nichts als Kosten, Leid und Tod. Es erschwert offensichtlich nicht - schauen Sie nur mal in den Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung- es erschwert NICHT den Konsum von Drogen. Aber es erschwert den Konsumenten das LEBEN. Jedes Jahr werden weit über 100.000 Menschen in Deutschland für den Besitz illegalisierter Drogen in Gefängnisse gesperrt. Jedes Jahr werden Milliarden Euro für den sogenannten Krieg gegen Drogen ausgegeben, ein Vielfaches von dem, was für Aufklärung, Prävention und Hilfe zur Verfügung steht. Und trotzdem nehmen Millionen Menschen in Deutschland diese illegalisierten Drogen, weil es ihnen Spaß macht, weil sie interessante Erfahrungen damit machen oder weil sie nicht anders können. Millionen Menschen kann man aber nicht in Gefängnisse werfen, Millionen Menschen sind eine gesellschaftliche Wirklichkeit, der man anders als repressiv begegnen muss.
Meine Damen und Herren, Entkriminalisierung gibt dem Staat die Möglichkeit der Kontrolle. Wo der Stoff verkauft wird und welche Beschaffenheit er hat. Das ist Verbraucherschutz und bewahrt vor den Produkten klammheimlicher Schwarzmarktgeschäfte. Die Entkriminalisierung bewahrt Menschen vor der gesellschaftlichen Ausgrenzung und Beschaffungskriminalität, vor dem Tod an Überdosen, schlechtem Stoff oder Krankheiten.
Und dann möchte ich auf einen Punkt hinweisen, meine Damen und Herren, der gerade hier in diesem Haus ganz konkret ganz oben auf unserer Agenda stehen sollte. Vor über zehn Jahren hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass es in den Ländern eine definierte Geringe Menge geben solle, bis zu der Hanf-Konsumenten straffrei bleiben können. Alle Bundesländer haben inzwischen für sich einen solchen Grenzwert festgelegt, Berlin zuletzt mit den Stimmen von SPD, Grünen, FDP und PDS auf 30 Gramm. Alle Bundesländer- außer Baden-Württemberg und Sachsen.
Wir haben eine Verantwortung, meine Damen und Herren, für Selbstbestimmung und für Suchtkranke, und der sollten wir in der Diskussion und in den notwendigen Entscheidungen gerecht werden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete,
Vor seltsam scheinendem Motivationshintergrund seitens der Antragsteller führen wir heute eine Debatte über das Thema Drogen. Ich begreife sie als Chance, sie hier einmal mit zum Teil in der Wahrnehmung leider vernachlässigtem Inhalt zu unterfüttern. Denn diese Debatte ist wichtig, und es ist mir persönlich wichtig, meine Position einmal etwas ausführlicher darzulegen. Die Reaktionen der Öffentlichkeit auf meine Äußerungen zeigen noch einmal, dass dies ein noch immer heikles, weil sicher zum Teil mit Unwissenheit und vor allem aber mit Ängsten belegtes Thema ist. Das müssen wir bedenken und die Frage bei aller Direktheit sensibel behandeln. Sicher müssen wir dafür auch geeignetere Beispiele finden.
Meine Damen und Herren, es werden Rauschmittel konsumiert in der Gesellschaft, das war schon immer so, das haben wir gehört. Es sind heute zum Beispiel Zigaretten so sehr wie Kaffee, Kokain wie Alkohol, Hustensaft wie THC, Liebe und Geschwindigkeit so sehr wie Heroin und Designerdrogen. Alles das und noch viel mehr kann Lust bereiten, kann aber auch in Abhängigkeit und Gefahren für Leib und Seele führen. Nun kann man diese Drogen unterscheiden. Danach wie schädlich sie sind zum Beispiel, und da dürfte sich die Fachwelt im Vergleich von Cannabis und Alkohol, an welchem 2003 40.000 Menschen starben, einig sein. Und natürlich ist Heroin wie alle Opiate gefährlich. Nur einige dieser Suchtmittel sind aber nun verboten, ihre Konsumenten kriminalisiert und es zeigt sich, dass das Kriterium für legal oder nicht legal keineswegs die Gefährlichkeit ist.
Meine Damen und Herren, ich habe für die Entkriminalisierung aller illegalisierten Stoffe plädiert, das wissen Sie. Es gibt dafür ein grundsätzliches und ein pragmatisches Argument. Grundsätzlich: Menschen treffen in der Gesellschaft freie Entscheidungen: ob sie sich einer Operation unterziehen, ob sie ein Kind bekommen wollen, ob sie den Urlaub an Nord-, an Ostsee oder anderswo verbringen, welchen Beruf sie ergreifen wollen, wie sie leben wollen. Selbstbestimmtheit über den Weg, den man geht und die Dinge, die man tut, gehört zu den für mich sehr wichtigen, Grundsätzen unserer liberalen Gesellschaft. Die Freiheit, die man den Menschen gibt, darf aber auch vor diesem Bereich nicht Halt machen. Dazu gehören natürlich Sicherungssysteme, wie zu allen Freiheiten, die man gewährt und da, wo Genuss zur Suchtkrankheit wird, brauchen die Menschen Hilfe.
Es muss statt der repressiven Tabuisierung konsequente Aufklärung über Wirkungsweisen und natürlich Risiken geben. Und natürlich kann die von mir verlangte Freiheit entgegen den Zitierungen der Zeitungen nicht in gleichem Maße für Jugendliche gelten. Sie müssen geschützt und erst sicher gemacht werden in ihrem Umgang mit Lust und Verantwortung für Rausch. Zur Entkriminalisierung gehört die Einrichtung von Drogen-Check-Einrichtungen, und natürlich ein generelles Werbeverbot für rauschfördernde Substanzen. Und selbstverständlich muss man zwischen den Drogen differenzieren. Damit leite ich auf den pragmatischen Hintergrund meiner Argumentation über: es werden Drogen konsumiert, verschiedener Art, verschiedener Härte.
Meine Damen und Herren, seit 1972 gibt es das Betäubungsmittelgesetz. Seit 32 Jahren kämpft der deutsche Staat gegen Drogenkonsumenten und gebracht hat es nichts als Kosten, Leid und Tod. Es erschwert offensichtlich nicht - schauen Sie nur mal in den Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung- es erschwert NICHT den Konsum von Drogen. Aber es erschwert den Konsumenten das LEBEN. Jedes Jahr werden weit über 100.000 Menschen in Deutschland für den Besitz illegalisierter Drogen in Gefängnisse gesperrt. Jedes Jahr werden Milliarden Euro für den sogenannten Krieg gegen Drogen ausgegeben, ein Vielfaches von dem, was für Aufklärung, Prävention und Hilfe zur Verfügung steht. Und trotzdem nehmen Millionen Menschen in Deutschland diese illegalisierten Drogen, weil es ihnen Spaß macht, weil sie interessante Erfahrungen damit machen oder weil sie nicht anders können. Millionen Menschen kann man aber nicht in Gefängnisse werfen, Millionen Menschen sind eine gesellschaftliche Wirklichkeit, der man anders als repressiv begegnen muss.
Meine Damen und Herren, Entkriminalisierung gibt dem Staat die Möglichkeit der Kontrolle. Wo der Stoff verkauft wird und welche Beschaffenheit er hat. Das ist Verbraucherschutz und bewahrt vor den Produkten klammheimlicher Schwarzmarktgeschäfte. Die Entkriminalisierung bewahrt Menschen vor der gesellschaftlichen Ausgrenzung und Beschaffungskriminalität, vor dem Tod an Überdosen, schlechtem Stoff oder Krankheiten.
Und dann möchte ich auf einen Punkt hinweisen, meine Damen und Herren, der gerade hier in diesem Haus ganz konkret ganz oben auf unserer Agenda stehen sollte. Vor über zehn Jahren hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass es in den Ländern eine definierte Geringe Menge geben solle, bis zu der Hanf-Konsumenten straffrei bleiben können. Alle Bundesländer haben inzwischen für sich einen solchen Grenzwert festgelegt, Berlin zuletzt mit den Stimmen von SPD, Grünen, FDP und PDS auf 30 Gramm. Alle Bundesländer- außer Baden-Württemberg und Sachsen.
Wir haben eine Verantwortung, meine Damen und Herren, für Selbstbestimmung und für Suchtkranke, und der sollten wir in der Diskussion und in den notwendigen Entscheidungen gerecht werden.
darkrond - 11. Nov, 19:42
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